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Verband der kommunalen
Wahlbeamten in Hessen e.V.
kuratiert von
Karl-Christian Schelzke
Im November 2021 hat ein der Querdenkerszene angehörender, ehemaliges AfD-Mitglied, in einem Telegram-Kanal dazu aufgerufen, gegen den Erbacher Bürgermeister Peter Traub, vor dem Wohnhaus des Bürgermeisters zu demonstrieren. Wörtlich: "Er muss bedroht werden" und "Die Familie fühlt sich dann nicht mehr sicher". Der Bürgermeister hatte die Schließung einer Erbacher Bäckerei veranlasst, weil der Inhaber monatelang gegen Corona-Regeln verstoßen hat. In deren Folge hatte sich eine größere Gruppe von Querdenkern vor der Bäckerei versammelt und gegen die Schließung demonstriert.
Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat gegen den aus Brombachtal stammenden Mann Anklage wegen der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) erhoben. Obwohl diese Straftat nicht zu den in § 395 StPO aufgeführten rechtswidrigen Taten gehört, die eine Nebenklage ermöglichen, wurde Bürgermeister Dr. Traub mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft als Nebenkläger zugelassen, weil dies aus besonderen Gründen zur Wahrnehmung seiner Interessen geboten erscheint. Als Geschäftsführer des VKWH habe ich Dr. Traub anwaltlich vertreten und im Antrag auf Zulassung der Nebenklage Folgendes ausgeführt: „Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stehen im Blickpunkt der Öffentlichkeit, dies gilt umso mehr, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um eine Kleinstadt handelt. Aufgrund der nicht nur in den sozialen Netzwerken verbreiteten Beschimpfungen, Bedrohungen und Hassmails sind gegen sie, aber auch gegen ihre Familien gerichtete tätliche Angriffe nicht auszuschließen. Die öffentlich gegen die Familie meines Mandaten angekündigte Demonstration vor dem Wohnhaus der Familie, um Druck auszuüben, ist Bürgermeister Dr. Traub – auch wenn er dies aufgrund der durch sein Amt bedingten Zurückhaltung – nicht deutlich zu erkennen gegeben hat, erheblich … belastet.“
In meiner Rede am 18. November 2022 bei der Jubiläumsveranstaltung des VKWH habe ich in Bezug auf dieses Verfahren die Frage aufgeworfen, ob man kommunalen Wahlbeamten nicht grundsätzlich für solche Verfahren eine Nebenklageberechtigung zubilligen muss. Durch das Urteil des Amtsgerichtes Michelstadt ist ein erster Schritt in diese Richtung erfolgt.
Der Angeklagte wurde zu 70 Tagessätzen verurteilt.