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Verband der kommunalen
Wahlbeamten in Hessen e.V.
kuratiert von
Karl-Christian Schelzke
a) Was ist strafbar und was wird vorgeworfen?
Seit einiger Zeit dürften nicht nur hessische (Ober-)Bürgermeister und Bürgermeisterinnen mit einem gewissen Unverständnis nach Frankfurt am Main schauen. Es besteht die Gefahr, dass die den dortigen Oberbürgermeister Peter Feldmann treffenden Vorwürfe nicht ohne Auswirkungen für den Ruf aller kommunaler Wahlbeamten und Wahlbeamtinnen sein werden. Hieran wird sich auch dann nicht allzuviel ändern, wenn Oberbürgermeister Feldmann freigesprochen wird. Sein bisheriges Verhalten wird nicht in Vergessenheit geraten.
Nachfolgend soll kurz skizziert werden, warum es überhaupt zu einer Anklage gekommen ist. Der Bundesgerichtshof hat im Hinblick auf die Straftatbestände der Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung und Bestechung mehrfach darauf hingewiesen, dass es überaus wichtig sei, dass durch eine entsprechende Strafverfolgung das Vertrauen der Allgemeinheit in die „Lauterkeit von Amtsträgern“ gestärkt werden müsse. Es gelte dem Eindruck der Käuflichkeit von Entscheidungen entgegenzuwirken. Ein solcher Anschein entstehe auch dann, wenn bei einem unbeteiligten Betrachter den Eindruck entsteht, wenn beispielsweise mit einer Spende Einfluss auf künftige Entscheidungen gewonnen werden soll. Es bedarf keiner schriftlichen oder mündlichen Absprache. Nach der Rechtsprechung soll es bereits genügen, dass der Eindruck entsteht, beide Seiten wüssten auch ohne explizite Absprache, was man voneinander erwarte (siehe u.a. BGHSt Band 49, 275, 2801).
Die Staatsanwaltschaft wirft Feldmann vor, dass AWO-Mitarbeiter im OB-Wahlkampf 2018 Spenden für Feldmanns Kampagne eingeworben haben. Im Gegenzug habe zwischen Feldmann und der damaligen AWO-Spitze in Frankfurt die "stillschweigende" Vereinbarung bestanden, dass das Stadtoberhaupt die Interessen des Verbandes künftig wohlwollend berücksichtigen werde.
Zudem habe er seine Stellung als Oberbürgermeister genutzt, um über seine Kontakte zur AWO seiner damaligen Lebensgefährtin und späteren Frau eine Anstellung als Leiterin einer Kita zu besorgen, die deutlich besser vergütet wurde als ähnliche Stellen.
Hinsichtlich des ersten genannten Vorwurfs bleibt abzuwarten, aufgrund welcher Tatsachen das Gericht zu der Überzeugung gelangen kann, dass es eine stillschweigende Absprache gegeben hat. Das gilt insbesondere auch für den fiktiven unbeteiligten Dritten. Bloße Vermutungen und reine Verdachtsmomente reichen für eine Verurteilung nicht aus.
Gleiches gilt auch für den weiteren Vorwurf. Allein der Hinweis auf eine nicht übliche höhere Vergütung dürfte ebenfalls nicht ausreichen. Aber auch hier gilt der Satz: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“.
Wenn die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung es im Juli so beschließen wird, will sich Feldmann einer Bürgerbefragung stellen, so dass die Bürgerinnen und Bürger über die Abwahl entscheiden können. Das entsprechende Verfahren ist langwierig, das Ergebnis offen.
b) Sollen die Abwahlmöglichkeiten von Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister geändert werden?
Nachfolgend geben wir eine Presseerklärung des VKWH vom 20. Juni 2022 zur Kenntnis:
VKWH Pressemitteilung
Vorschlag zur Erleichterung von OB-Abwahlen
Als Reaktion auf die Überlegungen der FDP-Landtagsfraktion zum Abwahlverfahren von Oberbürgermeistern, wonach das Quorum auf bis zu 15 Prozent abgesenkt werden kann, hat sich der Verband der kommunalen Wahlbeamten, dem an die 400 ehemalige und aktive hessische Bürgermeisterinnen und Bürgermeister angehören, mit einem eigenen Vorschlag zu Wort gemeldet.
Peter Feldmann wurde 2018 von 70,8 Prozent bei einer Wahlbeteiligung in Höhe von 30,2 Prozent gewählt. Das heißt, dass letztlich nur 21,4 Prozent aller ca. 511.000 Wahlberechtigten, das sind etwa 108.000 Bürgerinnen und Bürger, ihm ihre Stimme gegeben haben. „Es ist kaum nachvollziehbar, dass nunmehr 30 Prozent, das sind fast 154.000 Wahlberechtigte und somit ca. 46.000 mehr als bei der 2018 stattgefundenen Wahl, ihn abwählen müssten“, so der Verbandsvorsitzende Bürgermeister Eric Engels aus Fränkisch-Crumbach.
Dieses auch für den Geschäftsführer Karl-Christian Schelzke merkwürdige Ergebnis wäre durch einen sinnvolleren Weg zu vermeiden. „Das Quorum in Höhe von 30 Prozent könnte in Städten über 50.000 Einwohnern dahingehend modifiziert werden, dass bei einem geringeren Prozentsatz des ursprünglichen Wahlerfolges lediglich dieser Prozentsatz für eine Abwahl erreicht werden muss. Hiernach müsste Peter Feldmann statt mit 30 Prozent nur noch mit 21,4 Prozent abgewählt werden“, so Karl-Christian Schelzke.
Der VKWH stellt diesen Vorschlag zur Diskussion.