Kommunale Förderprogramme
Dr. Ulrich Keilmann
Foto: BS/privat
Dr. Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt.
Die Haushalte der Kommunen in Deutschland geraten immer mehr in Schieflage. Allein in Hessen haben die kommunalen Kernhaushalte im Jahr 2024 ein Finanzierungsdefizit von rund 2,6 Milliarden Euro verzeichnet. Um überhaupt noch Investitionen in die vielerorts marode kommunale Infrastruktur tätigen zu können, wird immer wieder gerne auf die vielen Förderprogramme hingewiesen.
Der Förderlandschaft ist allerdings problematisch. Allein der Zugang zu Fördermitteln wird für Kommunen von einem erheblichen bürokratischen Aufwand begleitet. Hat man diese erste Hürde genommen und ein passendes Förderprogramm gefunden, geht es weiter in langwierigen Antrags-, Genehmigungs- und Verwendungsnachweisverfahren. Die Gemeinde Poppenhausen (Wasserkuppe) war gleich zwei Mal dabei.
Einmal erhielt sie aus dem Programm „Ländliche Regionalentwicklung“ für die geplante Errichtung eines Aufenthaltsgebäudes auf einem Jugendzeltplatz eine Förderung in Höhe von 84.000 Euro. Gefördert wurde dabei aber nicht nur die Maßnahme an sich (also das Aufenthaltsgebäude für die Jugendlichen), sondern auch die Umzäunung des Aufenthaltsgebäudes. Das jedoch nicht konsequent. Denn gefördert wurde nur der Zaun an sich. Die notwendige Schließanlage, um die Umzäunung dann auch abschließen zu können und so dem Zaun seinen eigentlichen Sinn zu geben, wurde gerade nicht gefördert. Das war Aufgabe der Kommune.
Daneben erhielt Poppenhausen aus dem Programm „Förderung der forstwirtschaftlichen Infrastruktur“ eine weitere Förderung von rund 200.000 Euro. Bei der Schlussrechnung kam es jedoch zu einer im Ergebnis für alle folgenschweren Rundungsdifferenz von fünf Cent. Der Fördermittelgeber akzeptierte die eingereichte Schlussrechnung aufgrund der Rundungsdifferenz von fünf Cent nicht. Poppenhausen musste nach langen Verhandlungen mit dem Fördermittelgeber die Rechnung korrigieren und erneut einreichen.
Das ist Kleinlich und hat mit dem ursprünglichen Wortsinn der „Förderung“ nicht mehr viel zu tun. Vielmehr zeigt es, dass die eine Hand der Verwaltung der anderen in komplexen Förderverfahren nicht für fünf Cent traut.
Beide Beispiele in einer einzigen Kommune zeigen, zwei zentrale Kritikpunkte an unserem Förderwesen.
- Unser Förderwesen ist kurios und bürokratielastig. Der kommunale Verwaltungsaufwand steht häufig nicht mehr in einem sinnvollen Verhältnis zu den eingeworbenen Fördermitteln. Entsprechend müssen die Verfahren deutlich vereinfacht werden. Der Abbau bürokratischer Hürden ist ein entscheidender Schritt, um den Wirkungsgrad der Förderungen wieder deutlich zu erhöhen (vgl. dazu Keilmann - Neues Mindset in der Kommunalförderung gefragt, in: PUBLICUS am 10.01.2025).
 - Zudem hat sich zumindest mir in beiden Beispielen der eigentliche Förderzweck bisher nicht erschlossen. Warum wird ein Zaun gefördert aber nicht die notwendige Schließanlage dafür? Warum wird eine Scheingenauigkeit betrieben, um einen Betrag von 5 Cent bei 200.000 Euro dokumentiert aufzuklären? Müsste es nicht vielmehr Ziel einer Förderung sein, gemeinsam unsere Ziele zu erreichen
 
Bereits in unserer Pressekonferenz am 21.11.2023 stellten wir fest: „Gut gemeinte politische Ziele dürfen nicht in aufwändig umsetzbare Gesetze und Normen und damit in zusätzlicher vermeidbarer Bürokratie münden.“
Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Kommunalbericht 2024, Hessischer Landtag, Drucksache 21/1148 vom 11. Oktober 2024, S. 132 ff. Der vollständige Bericht ist kostenfrei unter rechnungshof.hessen.de abrufbar.
