ein Grundrecht, auch für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister!

Verband der kommunalen
Wahlbeamten in Hessen e.V.

kuratiert von
Karl-Christian Schelzke

In den letzten neun Monaten haben drei Bürgermeister und ein Oberbürgermeister, nach erfolgreichen Abwahlanträgen, ihre Chefsessel geräumt. Im laufenden dürfte aller Voraussicht nach mit weiteren Abwahlanträgen zu rechnen sein.

Ein aktueller Fall gibt uns Veranlassung, eine Änderung beziehungsweise Ergänzung des § 25 Abs.2 HGO beziehungsweise des § 76 Abs. 4 HGO zu fordern.

Einer Bürgermeisterin wurde bis zur Sitzung der Gemeindevertretung, in der über einen Abwahlantrag zu entscheiden war, die Gründe und Vorwürfe nicht genannt. Unter Hinweis auf § 25 Abs. 1 HGO wurde sie vom Vorsitzenden der Gemeindevertretung aufgefordert, den Sitzungsraum zu verlassen. Dieser Aufforderung kam sie nach. Der Abwahlantrag erhielt die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Aufgrund des Gesetzeswortlautes des Abs. 1 HGO „Niemand darf in haupt- oder ehrenamtlicher Tätigkeit in einer Angelegenheit beratend oder entscheidend mitwirken, wenn er durch die Entscheidung in der Angelegenheit einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann“, ist davon auszugehen, dass die Entscheidung des Vorsitzenden der Gemeindevertretung rechtens ist. Zwar sieht § 25 Abs. 2 HGO eine Ausnahme für die Stimmabgabe bei Wahlen und Abberufungen vor. Dies betrifft jedoch nur den formalen Akt der Stimmabgabe.

Art. 103 GG regelt, dass vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat. Es ist unstreitig, dass diese Recht auch für Verwaltungsverfahren gilt. So wird auch in § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz, die Anhörung Beteiligter grundsätzlich vorgeschrieben.

Man mag nun darüber streiten, ob eine Gemeindevertretung einem Verwaltungsorgan gleichzusetzen und der Ausschluss gemäß § 25 Abs. 1 HGO als Verwaltungsakt zu bewerten ist. Die Gemeindevertretung ist jedenfalls kein Parlament im materiellen Sinn. Auch wenn Regeln der Gewaltenteilung vorherrschen, so ist eine Gemeindevertretung lediglich ein Verwaltungsorgan.

Die Frage, inwieweit und vor allem zu welchem Zeitpunkt im konkreten Fall der Bürgermeisterin Gelegenheit zur Stellungnahme hätte gegeben werden müsse, bedarf der Rechtssicherheit wegen eine klare Regelung. Es widerspricht rechtstaatlichen Grundsätzen, dass man vor einer öffentlich-rechtlichen Entscheidung, bei der die eigene berufliche Existenz betroffen ist, keine Möglichkeit hat, während der Beratungen Stellung zu beziehen.

  • 25 HGO Absatz 2 sollte wie folgt ergänzt werden: „Abs. 1 gilt nicht für Abberufungen gemäß § 76 Abs. 4 HGO und für die Stimmabgabe bei Wahlen. Alternativ könnte § 76 Abs. 4 HGO dahingehend ergänzt werden, dass neben § 63 auch § 25 Abs. 1 HGO keine Anwendung findet.“