„Aktivierung der Bürgerschaft ist effektiver als die formelle Einrichtung von Gremien“

Verband der kommunalen
Wahlbeamten in Hessen e.V.

Karl-Christian Schelzke

Stellungnahme des VKWH zu einem SPD-Gesetzesentwurf zur Erleichterung der Bürgerbeteiligung auf Gemeindeebene und zur Änderung kommunalrechtlicher Rechtsvorschriften

Zu einem SPD-Gesetzesentwurf zur Erleichterung der Bürgerbeteiligung auf Gemeindeebene und zur Änderung kommunalrechtlicher Rechtsvorschriften hat der VKWH am 29. August 2023 eine Stellungnahme abgegeben.

Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem Antrags- und Anhörungsrechte von Ausländer- und Seniorenbeiräten vor. Hiergegen wendet sich der VKWH. Nachfolgend gegen wir einige wichtige Textpassagen zur Kenntnis. Die gesamte Stellungnahme kann auf unserer Homepage unter www.vkwh.de/news aufgerufen werden.

„Aus Sicht der hessischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister erscheint es sinnvoller und auch effektiver, wenn die vielen örtlichen ehrenamtlichen Initiativen, die sich um die Förderung der lokalen Demokratie und zum Beispiel um die Betreuung von Flüchtlingen bemühen, nachhaltig und finanziell gefördert werden. Hierdurch wird einer lebendigen Bürgergesellschaft mehr gedient sein, als durch die Ausgestaltung formaler Beteiligungsrechte.

Dies gilt umso mehr, weil die hohen Umfragewerte extremer Parteien und Positionen auch auf der kommunalen Ebene zu verstehen geben, dass sich Bürgerinnen und Bürger nicht mehr von der Politik verstanden fühlen.

Laut einer vor wenigen Monaten veröffentlichten Forsa-Umfrage sind 83 Prozent der Befragten der Auffassung, dass die meisten Bundespolitiker nicht wüssten, was die Bürger im Alltag bewege. Dieses Ergebnis mag für die lokalen Ebenen nicht ohne weiteres zu übertragen sein. Die weiterhin sinkenden lokalen Wahlbeteiligungen, insbesondere bei Direktwahlen, lassen jedoch auch hier eine solche Tendenz vermuten.

Solchen Entwicklungen sollte auf kommunaler Ebene durch nachhaltige, professionell begleitete öffentliche Diskurse, wie zum Beispiel durch kritisch begleitete Internet-Foren, entgegengewirkt werden. Vor allem eine nachhaltige Förderung des Ehrenamtes ermöglicht Teilnahme und Teilhabe am kommunalen Geschehen. Hier leisten die hessischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister eine herausragende Unterstützungsarbeit, die jedoch angesichts knapper finanzieller Mittel einer deutlichen Unterstützung des Landes bedarf.

Fazit: Die Praxis in unseren Kommunen zeigt, dass eine anlassbezogene Aktivierung der Bürgerschaft effektiver ist als die formelle Einrichtung von Gremien und Interessenvertretungen. Je stärker Politik und Verwaltung — jenseits staatlicher Kernaufgaben und -kompetenzen — versuchen, Bürgerengagement zu formalisieren, desto mehr befördern sie die Abhängigkeit bürgerschaftlichen Engagements von Staat, Parteipolitik und Verwaltung und schwächen die Eigenkräfte der Bürgergesellschaft.“

bi magistratsversammlung 1600