Depesche

Nr. 3 2022

Notizen für Wahlbeamtinnen und -beamte
Kuratiert von Karl-Christian Schelzke

… dem Ganzen verpflichtet - Mitglieder- und Jubiläumsveranstaltung 18.11.2022 in Wiesbaden
- Neues, eher Altes zur Dienstaufwandsentschädigung
- Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben scheinbar alles zu erklären
- Ein Zeitungsbericht aus Absurdistan: Warum Flüchtlinge ihre Arbeitsstellen wieder verloren haben
- Film-Tipp: Soylent Green – Die ökologische Apokalypse des Jahres 2022

… dem Ganzen verpflichtet - Mitglieder- und Jubiläumsveranstaltung 18.11.2022 in Wiesbaden

Wie bereits mehrfach angekündigt, findet am 18. November 2022 im Rathaus der Stadt Wiesbaden ab 9.30 Uhr unsere Mitgliederversammlung und ab 10.30 Uhr unsere Jubiläumsveranstaltung statt. Näheres findet sich in unserer Bürgermeisterrundmail vom 19. September 2022 und auf unserer Homepage. Wir bitten alle, die sich noch nicht angemeldet haben, um Prüfung dieses Termins. Da es nicht nur um die Bedrohungssituationen von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern geht, sondern auch um die grundsätzliche Frage, ob die nur noch in Hessen und Bremerhaven gültige unechte Magistratsverfassung noch zeitgemäß ist, wäre eine hohe Beteiligung ein deutliches Zeichen in der Öffentlichkeit.

In diesem Zusammenhang ist es mehr als interessant, was Carsten Knop im Nachgang zur Abwahl von Peter Feldmann in der FAZ vom 8.11.2022 in seinem Kommentar unter dem Titel „Was in Frankfurt wirklich sozial ist“ schreibt: „Vielleicht muss man (nicht nur) in Hessen darüber nachdenken, ob es eine gute Idee war, die Direktwahl eines Oberbürgermeisters einzuführen, der in der unmittelbaren Stadtpolitik nicht annähernd zu sagen hat, wie es der aufwendige Wahlgang suggeriert.“ Um das zu ändern, muss man nicht die Direktwahl abschaffen, es reicht, die unechte Magistratsverfassung gegen die süddeutsche Ratsverfassung auszuwechseln, so zumindest unsere Überzeugung. Der liberale Landtagsabgeordnete Jörg-Uwe Hahn hat in der FAZ vom 14.8.2022 ähnliches ausgeführt: „Nur falls man sich entschließe, die unechte Magistratsverfassung aufzugeben, dann sei es möglich, den direkt gewählten Bürgermeistern und Oberbürgermeistern mehr Macht zu geben.“
 

Neues, eher Altes zur Dienstaufwandsentschädigung

Der VKWH hat mit Schreiben vom 16. April 2022 an das Hessische Innenministerium in Bezug auf die letztmalig 2001 erfolgte Anpassung der Dienstaufwandsentschädigung eine Erhöhung um 30 Prozent gefordert, die wir mit der zwischenzeitlichen Steigerung der Verbraucherpreise (Indexwerte) nachvollziehbar begründet haben. Mit Schreiben vom 27. September 2022 teilt das Innenministerium nunmehr mit, dass von einer Anpassung abgesehen wird, „weil die für die kommenden Jahre von Herrn Ministerpräsidenten angekündigte Besoldungserhöhung zur Erreichung einer verfassungsgemäßen Besoldungsstruktur auch den Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten zukommen.“ Hierbei wird leider verkannt, dass die Dienstaufwandsentschädigung eine eigenständige, an den Verbraucherpreisen sich orientierende Leistung zu sein hat. Diese Unabhängigkeit von Besoldungsstrukturen ergibt sich auch aufgrund der Tatsache, dass sie nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG in voller Höhe steuerfrei ist. Eine dementsprechende Stellungnahme wird der VKWH dem Hessischen Innenministerium zukommen lassen.

 

Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben scheinbar alles zu erklären

Es wird sich wohl nicht vermeiden lassen, dass infolge der weiteren Flüchtlingsströme wiederum öffentliche Räume wie Turnhallen und Bürgerhäuser zur Verfügung gestellt werden müssen. Durch die aktuelle Flüchtlingswelle geraten Kommunen, die schon aufgrund der Corona-Krise über alle Maßen belastet sind, nunmehr in ärgste Bedrängnis. Die hat die Bürgermeisterin und die Bürgermeister des Wetteraukreises zu einem Brandbrief veranlasst, den man unter dem Link Wetteraukreis_Gemeinsamer_Brief_Bund-Land.pdf unbedingt lesen sollte.

Was bisher in der breiten Öffentlichkeit überhaupt noch nicht zum Thema gemacht wurde, ist die Tatsache, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, auch jenseits ihrer Amtsgeschäfte, zu aktuellen politischen Themen Stellung beziehen müssen. Wer kennt das nicht, wenn Wahlbeamte beim Einkauf oder auf dem Sportplatz unmittelbar mit „Was meinen Sie denn dazu, wie können Sie uns das erklären“ angesprochen werden. Und oftmals geht es hier nicht um örtliche Probleme, sondern um Bundes- und Landesthemen.

Immer noch bestehende Corona-Belastungen und die Angst vor Inflation oder hohe Energiekosten machen den Menschen nicht nur Angst, sondern auch anfällig für rechte und linke Demagogie. Kurz gesagt: Der soziale Konsens wird brüchig und der soziale Frieden gerät in Gefahr. Und da wäre es eben nicht nur die Aufgabe der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, sondern aller kommunaler Entscheidungsträger, solchen Tendenzen entgegen zu treten. Der VKWH ist künftig verstärkt bestrebt, mit regelmäßig erscheinenden Depeschen hessischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern Argumentationshilfen an die Hand zu geben, um den Fragen der Bürgerinnen und Bürger schlüssige Antworten geben zu können. 

 

Ein Zeitungsbericht aus Absurdistan: Warum Flüchtlinge ihre Arbeitsstellen wieder verloren haben.

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 6. November 2022 ist unter der Überschrift „Wir können nicht mehr“ ein Bericht nachzulesen, wie sich unser Staat selbst im Wege steht.

Die Landrätin des ostthüringischen Landkreises Greiz, Martina Schweinsberg, hatte es geschafft, ukrainische Flüchtlinge in Arbeitsverhältnisse zu vermitteln, und dann geschah das, womit engagierte kommunale Entscheidungsträger immer wieder ausgebremst werden. Lesen Sie bitte selbst:

„Dann tauchten plötzlich Vertreter der Gewerbeaufsicht auf und fragten, ob die neuen Kollegen auch die Arbeitsschutzregeln gelesen hätten. Das konnten sie mangels Deutschkenntnissen nicht, die Unternehmer versicherten jedoch, alle belehrt zu haben. Die Behörden akzeptierten das nicht und drohten Strafen an. Freie Plätze in einem Deutschkurs, der wiederum extra zertifiziert sein muss, gibt es erst wieder im Januar. Also setzten mehrere Unternehmer die Arbeitsverträge aus, und die Ukrainer hocken untätig in den Landkreis-Wohnungen.“  Zurück bleibt Sprachlosigkeit.
 

Film-Tipp: Soylent Green – Die ökologische Apokalypse des Jahres 2022

Soylent Green ist ein nach der Romanvorlage von Harry Harrisons 1973 entstandener Science-Fiction-Film, der einen schaudern macht und ein grauenvolles Menetekel zu sein scheint, gerade auch im Hinblick auf die derzeit stattfindende Weltklimakonferenz 2022.

Im Jahr 2022 hat der Mensch seine natürlichen Lebensgrundlagen fast vollständig zerstört. In New York City leben 40 Millionen Menschen. Dem Großteil der Menschen mangelt es an Wasser, Nahrung und Wohnraum. Lediglich einige Politiker und reiche Bürger können sich sauberes Wasser und natürliche Lebensmittel zu horrenden Preisen leisten. Zu den Wohnungen der Wohlhabenden gehören in der Regel Konkubinen (im Film „Inventar“ genannt), die dem Mieter als Sklavinnen dienen. Inmitten dieses Chaos führen der Polizist Robert Thorn und sein älterer Mitbewohner Sol Roth ein trostloses Dasein. Roth wird am Schluss „entsorgt“ und zu Nahrung verarbeitet.

Der Film wird aktuell in den Mediatheken wieder angeboten, sicherlich auch als Hinweis auf die derzeitigen Krisen. Unbedingt sehenswert.

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